Lebensraumnutzung


Neben dem Vorkommen sind Daten zur Lebensraumnutzung von Zielarten essentielle Informationen zur Prüfung artenschutzrechtlicher Sachverhalte und zur Abschätzung potentieller Beeinträchtigungen. Direktbeobachtungen sind dabei meist nur eingeschränkt möglich, sei es aufgrund der hohen Mobilität, der heimlichen Lebensweise oder der Nachtaktivität. Davon unabhängig ist die Analyse der Lebensraumnutzung mittels telemetrischer Studien, Stabilisotopenmessungen oder molekularbiologische Analysen. Im Folgenden können Sie sich über einige beispielhafte Projekte informieren!

Lebensraumnutzung


Neben der Direktbeobachtung ist die manuelle Radiotelemetrie zur Erfassung der Habitatnutzung und des Aktionsraums von Tieren die Methode der Wahl. Dabei handelt es sich allerdings um eine sehr kosten- und personalaufwendige Methode. Um dennoch wichtige Informationen zur Lebensraumnutzung auf Basis einer Präsenz-Absenz-Analyse zu erhalten, haben wir mit der automatisierten Radiotelemetrie eine kostengünstige Methode zur Überwachung von Planungsräumen entwickelt, die sich bereits mehrfach bewährt hat. Für bestimmte Fragestellungen ist allerdings die direkte Verfolgung unabdingbar. Ein paar Beispiele unserer Projekte:


1) Geschlechtsspezifische Lebensraumnutzung der Wasserfledermaus

In Abhängigkeit von der Lebensweise, kann sich die Habitatnutzung und der Aktionsraum zwischen den Geschlechtern unterscheiden. Für Fledermäuse bedeutet dies, dass Weibchen während der Wochenstubenzeit einen erhöhten Nahrungsbedarf aufweisen und sichere Quartiermöglichkeiten zur Aufzucht ihrer Jungtiere benötigen. Damit ist in dieser Zeit ihr Habitatanspruch höher, als der der Männchen. Während der anschließenden Paarungszeit steigt allerdings der Nahrungsbedarf der Männchen und energieaufwendiges Konkurenzverhalten setzt ein. Somit erhöht sich auch deren Habitatanspruch. Die Rolle von männchendominierten Paarungsgebieten wird in der Landschaftsplanung noch immer unterschätzt und selten überprüft. Am Beispiel der Wasserfledermaus haben wir entsprechende Thematik untersucht.


Jorge A. Encarnação: Spatiotemporal pattern of local sexual segregation in a tree-dwelling temperate bat Myotis daubentonii. Journal of Ethology 12/2011; 30(2):271-278. DOI:10.1007/s10164-011-0323-8


2) Artspezifische Lebensraumnutzung waldbewohnender Fledermäuse

Bechsteinfledermaus, Fransenfledermaus und Braunes Langohr ... drei ähnliche Fledermausarten im selben Lebensraum. Auch wenn sich diese drei zu den "Gleanern" zählenden Fledermausarten morphologisch und ökologisch ähneln, gibt es doch feine Unterschiede in ihrer Habitatnutzung. Diese ermöglichen  ihnen eine sympatrische Lebensweise auf engestem Raum. Telemetrische Studien reichen meist nicht aus, um die artspezifische Einnischung zu verdeutlichen. Durch eine neue, von uns entwickelte Methodenkombination von telemetrischer Studie, Stabilisotopenmessungen und molekularbiologischen Analysen ist es uns gelungen, diese Unterschiede zu identifizieren.


Anna Roswag, Nina Inga Becker, Jorge André Encarnação: Importance of multi-dimensional analyses of resource partitioning in highly mobile species assemblages. Population Ecology 06/2015; 57:601-611. DOI:10.1007/s10144-015-0508-z


3) Quartiernutzung von waldbewohnenden Fledermäusen in Abhängigkeit ihrer Thermoregulation

Habitatbäume spielen in der Landschaftsplanung, insbesondere bei der Planung von Windkraftanlagen im Wald, eine übergeordnete Rolle. Dies ist insbesondere der Funktion von Baumhöhlen als Fortpflanzungs- und Ruhestätte für planungsrelevante Tierarten geschuldet. Im Zentrum des Suchbildes bei Habitatbaumerfassungen steht dabei die Spechthöhle, da für diese bekannt ist eine Vielzahl von Tierarten beherbergen zu können. Allerdings ist der Quartieranspruch von waldbewohnenden Fledermausarten sehr vielfältig, was insbesondere auf ihr unterschiedliches Thermoregulationsverhalten zurückzuführen ist. Im Rahmen dieser Studie konnten wir zeigen, dass beispielsweise das Braune Langohr auf kühlere Baumspalten angewiesen ist, um maximal Energie einsparen zu können.


Matthias S. Otto, Nina I. Becker, Jorge A. Encarnação: Telemetry with temperature-sensitive radio transmitters verifies the importance of cooler tree crevices as bat roosts: Implications for species conservation (in german). Beiträge zur Jagd- und Wildforschung 04/2015; 40:337-350